Spuren der Flößervergangenheit im Gasthaus Geiger, © Gabriele Rüth

Geretsried und die Flößerei

Eine Lange Tradition auf  Isar und Loisach

Geretsried wird erstmals im Jahr 1083 als „Gerratesried“ in einem Stiftsbrief von Norbert von Hohenwart zur Gründung seines Klosters in Habach als eine Rodungsinsel erwähnt. Die Rodung des „Gerrat“ lag an der schon damals viel genutzten, wichtigen Straße von der Wolfratshauser Burg, Sitz des Landesherrn, zum Kloster Benediktbeuern, und auf dem Weg zur Siedlung des Chumitz (Königsdorf). 1248 ist „Gerhartszrieden“ im Besitz der Wittelsbacher, die es 1297 dem Kloster Fürstenfeld schenken. 1315 ist die Nikolauskapelle in einem Verzeichnis der Freisinger Kirchen als Filialkirche von Königsdorf zum ersten Mal erwähnt als „St.-Niclas-Gottshaus“ in der „Matricula Conradia“.

Die Kapelle ist auch der erste Beleg für die hiesige Flößerei. Wohl errichtet  von den Bauern der Schwaige, ist sie dem hl. Nikolaus, der unter anderem Schutzpatron der Flößer ist, geweiht. Die Flößer kamen nach erledigten Geschäften nicht nur auf ihrem Heimweg durch den Weiler, sondern die Isarflößer nahmen hier zum Beispiel Kalk aus den Geretsrieder Kalköfen auf. In dem Kirchlein beteten die tiefgläubigen Flößer zu dem Heiligen und baten ihn um Schutz auf ihrer gefährlichen Fahrt. 

Auch im Nebenerwerb der Bauern der Schwaige ist Flößerei als sicher anzunehmen, denn so nah war in Geretsried die Isar. Als „Floßmänner“ arbeiteten sie in Gelting an der Loisach – es kann hier genannt werden, da es ja heute ein Teil von Geretsried ist.

Der „Lange Weg“ oder das "Kalkofenstraßerl", wie der Weg im 20. Jahrhundert genannt wurde, war im 18. Jahrhundert die kürzeste Verbindung von den Höfen und vom Kalkofen zum Ländplatz der Flößer im heutigen Geretsrieder Stadtgebiet an der Isar. Von der Lände wurden der Kalk und wohl auch landwirtschaftliche Erzeugnisse des Weilers oder Holz aus dem „Wolfratshauser Forst“ flussabwärts geflößt. Der Weg besteht heute noch, ist aber durch den Friedhofszaun und der Tattenkofer Straße unterbrochen. Das Ende des Kalkofenstraßerls ist bei der alten Forstdiensthütte, der Zehnerhütte, am Isarhochufer. Als sich die Isar nach Osten verlagerte und somit auch der Ländplatz, musste der Weg dorthin verlängert werden.   

Ein Kalkofen stand nach den Unterlagen und der Überlieferung beim „Jägerhäusl“. Ein weiterer, laut den Flurkarten von 1863 mit der Bezeichnung „Kalkofenfeld“, auf der Südseite der Tattenkofer Straße nahe des Gasthauses Geiger (heute überbaut). Errichtet wurde er vom Bauer Orterer. Um 1900, mit dem Aufkommen der industriellen Kalkproduktion und dem Zement, lohnte sich der Betrieb nicht mehr. 
 

 

Was erinnert heute noch in Geretsried an die Flößerei?
  • Gasthof Geiger
    Der Gasthof Geiger: 1896 übernahm der Wolfratshauser Flößer Thaddäus Geiger den Gasthof Geiger durch Heirat. Bis heute führen seine Nachkommen die Gaststätte weiter und halten in den Gasträumen seine flößerischen Objekte, wie Gemälde, Miniaturfloß, Urkunden in Ehren.

  • Nikolaus Kapelle 
    Gleich gegenüber, ein bedeutendes Wahrzeichen von Geretsried: Die Nikolaus-Kapelle.

  • Rathaustür
    Eigentlich an prominentem Ort, aber doch wenig beachtet ist der Schlussstein an der Eingangstür des Rathauses, errichtet im Dritten Reich als DAG-Verwaltungsgebäude: Das Relief stellt einen Flößer und eine Floßfahrt sowie darunter einen Holzknecht dar.

  • Rotes Kreuz
    Die Sage „Das Rote Kreuz im Farchet“ erzählt von der unglücklichen Liebe zwischen der schönen Philomena und ihrem heimlichen Liebsten, einem armen Floßknecht. Übrigens: Das „Rote Kreuz“ gibt es noch: Es steht auf Geretsrieder Flur auf dem Isaruferweg zwischen Waldram und Geretsried. Genau dort soll sich der verzweifelte Flößer umgebracht haben.

  • Anna Simon
    Die Lenggrieserin Anna Simon arbeitete 10 Jahre als einzige Frau unter vielen Männern als Flößerin. Das war etwas Besonderes, denn es war nicht erlaubt, Frauen ein Floß führen zu lassen. In einer alten Vorschrift hieß es sogar: „Es ist verboten, berauschte Personen, Weiber oder Knaben hierzu zu verwenden." Anna Simon verbrachte ihre letzten Lebensjahre bei ihrer Tochter Anna Schmid, bekannt als „Bäcker-Oma“, hier in Geretsried. 1999 ist Anna Simon mit 94 Jahren hier gestorben.


Wir danken Gabriele Rüth, Flößerstraße e.V., für die Bereitstellung der Fotos und Informationen.