Cruise´n´tune Folge 6 | MAN SIEHT DIE STADT VOR BÄUMEN NICHT
Der Wald, der Sie an dieser Stelle umgibt, trägt den Namen Wolfratshauser Forst. Das kleine Gebäude hier wird „Zehnerhütte“ oder „Jägerhäusl“ genannt und dient seit seiner Erbauung als Unterstand für Forst- oder Jagdbedienstete.
Alles Wald!
Der Wolfratshauser Forst umfasst heute rund 4,28 km², liegt auf einem gemeindefreien Gebiet und gehört zu einem Großteil zum Naturschutzgebiet „Isarauen zwischen Schäftlarn und Bad Tölz“. Bewirtschaftet und betreut wird er von den Bayerischen Staatsforsten. Bis vor gut 100 Jahren bedeckte der Wolfratshauser Forst das gesamte Gebiet, auf dem sich heute die Stadt Geretsried erstreckt. Denn obwohl Geretsried inzwischen die größte Stadt im Landkreis ist, ist sie auch die jüngste! Schließlich entstand sie erst nach dem 2. Weltkrieg auf dem Gelände zweier im Wald erbauter und versteckter Sprengstofffabriken. Diese beiden großen Betriebe wurden samt einer umfangreichen Infrastruktur bereits in den 30er Jahren konzipiert und bis Anfang der 40er Jahre erbaut. Nach Kriegsende wurden die wichtigsten Fabrikationsgebäude gesprengt. Andere Teile der weitläufigen Fabrikstadt wurden für die Etablierung einer Siedlung von durch den Krieg heimatlos gewordene oder vertriebene Menschen genutzt. Aus dieser provisorischen Ansiedlung und dank der baldigen Eröffnung neuer Industriebetriebe entstand die aufstrebende Stadt Geretsried. Die detaillierte und sehr gut aufbereitete Entstehungsgeschichte können Sie im Museum der Stadt Geretsried nachvollziehen.
Der Wolfratshauser Forst im Wandel: Von der Natur zur Forstwirtschaft
In den Jahrhunderten davor war der Wolfratshauser Forst lange Zeit vor allem vom Wildfluss Isar und der Natur geprägt. Außer einer Doppelschwaige mit Kapelle sind keine menschlichen Behausungen hier verzeichnet gewesen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelt der bayerische Adel vermehrt Interesse für seinen Waldbesitz in dieser Gegend. Ein lokaler Spezialist namens Mathias Schilcher beginnt eine Methode dafür zu entwickeln, wie man auch urwüchsige und großflächige Waldgebiete für einen detaillierteren Überblick strukturieren kann. Den Erfolg dieses Vorgehens beweist er damals bei der Vermessung des Hofoldinger Forsts. Ende des 19. Jahrhunderts wird Schilchers Methode auch auf den Wolfratshauser Forst angewandt: Der Wald wird in möglichst gleich große Rechtecke unterteilt – und zwar nicht nur auf dem Kartenmaterial, sondern auch direkt vor Ort. Hierfür werden kerzengerade Schneisen in den Forst geschlagen, die sogenannten Geräumte. Die dadurch entstandenen, rechtwinkligen Waldabteilungen wurden nummeriert. Wir zum Beispiel befinden uns in der ehemaligen Abteilung 10. Die Geräumte wurden auch als Wirtschaftswege und Straßen benutzt. Die Adalbert-Stifter-Straße, die Sudetenstraße oder die Altvaterstraße markieren bis heute den schnurgeraden Verlauf ehemaliger Geräumte - obwohl der Wald um sie herum schon längst verschwunden ist.
Kontakt
Stadt Geretsried82538 Geretsried